Tag 6: Christmas Valley in die Diablo Mountain WSA
Eigentlich liegt heute ein entspannter Tag vor uns: nur 27 Kilometer bis zum nächsten Wassercache, gegebenenfalls ein wenig mehr. Eigentlich. Was wir nicht so richtig auf dem Schirm haben, ist, dass große Teile unserer Strecke querfeldein durchs struppige, mit Lavasteinen übersäte Gelände führen.
Am Morgen sind wir noch guter Dinge. Schnurgeradeaus geht es raus aus Christmas Valley zu den Black Hills. Selbst der kurze Regenschauer macht uns nichts aus, obwohl es wirklich kalt und ziemlich windig ist. Wir folgen der Empfehlung des Guidebooks und nehmen den Schlenker direkt in die Black Hills. Der erodierte vulkanische Kegel ist absolut sehenswert! Danach geht’s querfeldein wieder zur Originalroute zurück.
Wir folgen der alten Hinterlandstraße eine Weile und stehen dann vor einem langen Crosscountry-Abschnitt. Der führt uns durch kniehohes Sagebrush und viele Lavabrocken – quasi ein Garant zum Umknicken. Über drei Kilometer schlagen wir uns durch die Büsche. Es folgt eine kurze Strecke über eine weitere Hinterlandstraße, dann ist wieder Gestrüpp angesagt. Diesmal durch einen Canyon und dann direkt eine andere Schlucht nach oben. Ich war schon lange nicht mehr so froh, eine Straße – wenn auch in denkbar schlechtem Zustand – unter den Füßen zu haben.
Ziemlich im Eimer und frierend (der Wind setzt uns weiterhin zu), treten wir die verbleibenden Kilometer zum Wassercache an, wo auch die Christmas Valley Alternate endet. Dort sehen wir zum ersten Mal einen anderen Hiker. Mit 4,5 Liter Wasser im Gepäck schaffen wir nochmal drei Kilometer, dann ist aber Schicht im Schacht und wir schlagen unsere Zelte im Wind auf einem Plateau auf. Uff, was für ein Tag!






Tag 7: Diablo Mountain WSA zum Giant Waterhole via Diablo Peak
Ein weiterer tougher Tag liegt vor uns. Nachdem uns die langen Querfeldeinstrecken – hier bekannt als Bushwhacking – doch ganz schön zugesetzt haben, überlegen wir, wie wir mit den weiteren rund 23 Kilometern Bushwhacking heute umgehen wollen. Immerhin liegt eine felsige Straße, die uns zu unserem 31 Kilometer entfernten Wasser führt, relativ nah an der Strecke.
Aber erst einmal machen wir uns auf den Weg zum ersten Bushwhacking-Abschnitt. Der ist am Anfang auch gar nicht schlimm und führt uns über einige Höhenmeter durch Sagebrush auf die aussichtsreiche Diablo Peak. Von hier haben wir einen fantastischen Blick über den größtenteils trockenen Summer Lake und das Tal auf der anderen Seite. Beim Abstieg ändert sich die Vegetation leicht und es kommen ein paar super stachelige Sträucher hinzu, die uns unaufhörlich die Knöchel und Waden zerkratzen.
Einige Kilometer verlaufen direkt auf dem Bergrücken, dann geht es kurz hinab, nur um dann wieder hinauf zum Diablo Rim zu klettern. Der Aufstieg bringt uns fast zum Erliegen. Nicht nur ist der Anstieg supersteil, zugewachsen und felsig. Nein, hier toben auch zum ersten Mal die Mücken und machen uns das Leben wahrlich zur Hölle. Mit etlichen Kratzern mehr schaffen wir es auf den Gipfel und sind völlig im Eimer. Die Ideallinie – so es denn eine gibt – haben wir wohl nicht gefunden.
Meine Beine sehen inzwischen aus als hätte ich mich mit zehn Katzen angelegt. Jedes weitere Streifen der dornigen Sträucher schmerzt extrem. Da uns die Aufstiege und Routensuche viel Zeit gekostet haben und uns noch immer rund 15 Kilometer vom notwendigen Wassercache trennen, beschließen wir, zur „Straße“ abzusteigen. Die ist zwar auch steinig, sandig und unwegsam, aber wenigstens ohne Dornen.
An einem überraschenderweise ein wenig gefüllten Wasserloch haben wir das einzigartige Vergnügen, sieben wilde Pferde beim Herumtollen zu beobachten. Das hilft unserer Moral nochmal ein wenig, aber wir laufen bereits auf dem Zahnfleisch. Nach rund zehn Stunden und nur 31,5 Kilometern kommen wir endlich am ersehnten Wassercache an und erledigen heute nur noch das Nötigste: Zelt aufbauen, Katzenwäsche und Kochen.






Tag 8: Giant Waterhole zum Chevaucan River über Paisley
Als wir heute Morgen aufwachen und einen heißen Kaffee genießen, erleben wir so richtig kitschige Wildwest-Romantik: An unseren Zelten ziehen auf beiden Seiten muhende Kuhherden vorbei. Die Baby-Kühe springen vergnügt umher, während die Stiere ein bedrohliches tiefes Muhen von sich geben, um die Herde anzutreiben. Ein grandioses Bild! Und das nach einer Nacht, in der um 3 Uhr morgens etwas wild gegen mein Zelt sprang. Wahrscheinlich, um an die Leckereien in meiner Futtertüte zu gelangen. 🐁
Heute ist mal wieder Town Day – zumindest teilweise, denn leider waren in dem kleinen Örtchen Paisley schon vor einigen Tagen alle Zimmer ausgebucht. 23 Kilometer trennen uns von dem schnuckeligen Supermarkt und dem Pioneer Salon mit Burgern und Chickenstrips. Davon sind einige Kilometer wieder ewig lang, erst über eine Schotterstraße, dann über Asphalt. Ohne wirkliche Pause (außer, um mal die Kühe der angrenzenden Ranch zu streicheln) rollen wir gegen 13 Uhr in Paisley ein. Wir gönnen uns ein leckeres Essen, kaufen Kleinigkeiten für den nächsten Abschnitt ein und machen uns wieder auf die Socken. Nicht aber, ohne uns von der Supermarkt-Lady die Geschichte des Wanderers erzählen zu lassen, der doch tatsächlich alle seine Einkäufe umpackte – sogar die Ramen-Nudeln! Thruhiker-Verhalten ist hier noch nicht so bekannt. 😆
Zum ersten Mal führt der ODT tatsächlich an einem richtigen Fluss entlang: dem Chevaucan River. Über Satellitenbilder haben wir beim Essen bereits ausgekundschaftet, wo wir gegebenenfalls unser Zelt aufschlagen können. Der erste vielversprechende Platz direkt am Fluss mit Picknickbänken ist jedoch Privatgelände einer Ranch.
Ein paar Kilometer weiter finden wir aber am Ende einer alten Schotterstraße ein schönes Plätzchen. Da am Anfang der Straße eine Familie mit fünf riesigen Campern den Zugang quasi dicht gemacht hat, müssen wir auch nicht befürchten, dass uns in der Nacht jemand überfährt. Dass solche Plätze wahrscheinlich besetzt sein werden, war uns schon vorher bewusst, denn es ist langes Wochenende in den USA: Memorial Day. Um 18 Uhr liegen wir aber gut gesättigt und frisch (im Fluss) gewaschen in unseren Zelten und lauschen den seltenen Regentropfen, die heute vom Himmel fallen.





