Zwischen Weichsel & Hoher Tatra – Bikepacking in Małopolska

Letzten Winter hatte ich die tolle Gelegenheit, ein Land per Rad kennenzulernen, das ich bisher sträflich ignoriert hatte: Polen. Anfang Dezember nahm ich einen einen Teil der Green Velo unter die Räder und hoffte nach vier abwechlungsreichen Tagen, bald mehr vom Nachbarland zu entdecken. Und so sollte es auch sein. Polen Travel lud mich ein, die schöne Region Małopolska (Kleinpolen) zu erkunden. Hier sollen drei brandneue Schleifen entstehen, die besonders für Gravel- und Bikepacking-Fans interessant sein werden. Insgesamt 500 Kilometer entlang von drei malerischen Flüssen für mehrtägige Abenteuer – ganz ohne Druck. #distance

Auf nach Krakau

Nach ein wenig Recherche stelle ich fest: die Anreise mit dem Rad per Zug ist denkbar einfach. Per Email teile ich Polish Trains einfach meinen gewünschten Anreisetag mit Start- und Zielort mit und bekomme binnen weniger Minuten ein Angebot. Falls das so passt, kann ich einfach über den mitgesandten Link die Tickets bezahlen. Das klappt super und einen Wimpernschlag später habe ich die Tickets in meinem Posteingang. Rund 40 Euro von Berlin nach Krakau mit 1x Umsteigen in Rzepin – inklusive Fahrrad! Am Dienstag Nachmittag geht’s also am Berliner Hauptbahnhof los und gegen 23 Uhr radele ich in Krakau mit minimalstem Gepäck zu meinem nahegelegenen Hotel.

Etappe 1 Krakau nach Tarnów

Von der Großstadt geht’s direkt raus aufs Land Richtung Osten. Die Sonne scheint, es ist angenehm warm – laut Krzysztof, der mich in Krakau verabschiedet, der erste richtige Frühlingstag. Die Radwege sind erstaunlich gut, mein Rad rollt wie auf Butter!

Am Wegesrand sehe ich Fasane, ein neugieriger Fuchs läuft vorbei, und im Storchennest wird gefüttert. Natur pur! Nur im Bisongehege, das direkt an der Strecke liegt, ist heute leider keins zu sichten. Mein Highlight ist der Deichradweg entlang der Wisła (Weichsel) – tolle Ausblicke, kleine Strände, und ich habe den Weg fast für mich allein. An einem Radler-Rastplatz – einem sogenannten MOR – mache ich Pause, bevor ich im Supermarkt bei Wietrzychowice meine Wasserflaschen auffülle.

Die letzten Kilometer werden wegen Gegenwind anstrengend, aber am späten Nachmittag erreiche ich mein Hotel. Es ist ein wenig rustikal, liegt aber direkt auf der Route und was brauche ich mehr als ein Bett und eine Dusche? Beine hochlegen, essen, entspannen – so endet der erste schöne Tourtag.

Etappe 2 Tarnów nach Szczawnica

Im Nieselregen starte ich am Hotel auf dem E11/Velo Dunajec, komplett in Regenklamotten. Nicht unerwartet, denn die Wettervorhersage sah nicht gut aus. Die Regenhose halte ich allerdings nicht lange aus, denn beim ersten steilen Anstieg wird mir mal so richtig heiß. Radfahren ist bei der Steigung für mich persönlich auch nicht mehr drin, also schiebe ich mein Rad – dafür werde ich oben mit einer tollen Aussicht und einer rasanten Abfahrt belohnt. Aber auch die entgegenkommenden Radler müssen an dieser Stelle schieben.

Vor dem nächsten Anstieg gönne ich mir eine Pause, und ein kleiner Hund begrüßt mich stürmisch – das tut richtig gut, denn jetzt wird’s nochmal anstrengend: steil, mit einigen einheimischen Pendlern und plötzlich schüttet es wie aus Eimern. Wieder unten angekommen, bin ich klatschnass, finde aber in Nowy Sącz Unterschlupf unter einer Brücke direkt an der Wildwasserstrecke des Dunajec.

Ab hier geht’s nun sehr sanft bergauf, ich genieße den Blick auf den Dunajec und sogar die Sonne zeigt sich noch. In Szczawnica gönne ich mir Trekkingessen mit viel Käse und Knoblauchbrot. Am Ende bin ich dann doch stolz auf mich – immerhin habe ich heute gut 1.200 Höhenmeter und 120 Kilometer gemeistert! Morgen geht’s kurz durch die Slowakei und an der Hohen Tatra vorbei.

Etappe 3 Szczawnica nach Zawoja

Heute werde ich für das herbstliche Aprilwetter des Vortages belohnt: Bei strahlendem Sonnenschein tauche ich in den Dunajec-Canyon ein. Der Fluss bildet hier die Grenze zwischen Polen und der Slowakei. Die Landschaft erinnert mich an Colorado, und ich komme kaum voran, weil ich aus dem Fotos machen und staunen kaum rauskomme. Außer ein paar Bootstouren ist am Morgen hier niemand unterwegs. Perfekt, um die Ruhe zu genießen!

Kaum verlasse ich den Canyon, sehe ich die schneebedeckten Gipfel der Hohen Tatra – ein Moment, auf den ich mich schon sehr gefreut habe. Ich kann mich an dem Anblick kaum sattsehen und bleibe auch hier immer wieder stehen.

Immer mehr Radfahrer kommen mir entgegen, und ich kann mir vorstellen, wie beliebt die Strecke im Sommer ist. Überall gibt es schon jetzt einladende Einkehrmöglichkeiten, viele werden gerade erst aufgebaut. Die Steigungen haben es auch heute in sich, besonders die „Tatra Challenge“, die aber mit einer fixen Abfahrt belohnt. Danach geht es wie auf einer Achterbahn am Wasser entlang.

Am Nachmittag ziehen Wolken auf, es regnet leicht, und der Gegenwind macht mir zu schaffen. Da wird auch der letzte Anstieg bis unterhalb des Kopistys nicht einfacher. Am Abend gönne ich mir dann mein erstes Bier und ein Schnitzel mit Pommes. Morgen steht schon die letzte Etappe nach Krakau an – und die wird auch nochmal anstrengend.

Etappe 4 Zawoja nach Krakau

Nach drei doch ziemlich fordernden Tagen meckern meine Oberschenkel ordentlich – vor allem die Aufstiege machen mir zu schaffen. Trotzdem stehen heute noch mehrere steile Anstiege an, einer davon immerhin mit nicht weniger als 15 Prozent Steigung.

Von Zawoja rolle ich erst entspannt bergab, doch nach zehn Kilometern wird es anstrengend. Also schiebe ich mein Rad wieder die steilen Straßen hoch. Zum Glück bin ich im Wandern geübt, und so übernehmen die Waden zur Abwechslung die Arbeit. Die Abfahrten sind teilweise ebenfalls super steil – gute Bremsen sollte man haben! Die Aussicht von den kleinen Bergdörfern ist dafür fantastisch und perfekt für eine Pause.

Heute führt mich die Route durch kleine und größere Orte wie Wadowice – überall locken Eis und Pommes, aber ich bleibe standhaft und halte mich an meine Käsewürfel. Nur meine Getränke fülle ich mal kurz im Supermarkt auf. Der Untergrund ist fast durchgängig super und gut fahrbar, nur ganz selten wird es ein wenig ruppelig. Mein Highlight: wilde Erdbeeren am Straßenrand, die ich ohne zu zögern pflücke und verputze.

Nach ein paar sehenswerten Kirchen und viel Natur erreiche ich wieder die Wisła, wo der Radweg direkt nach Krakau führt. Ein Gewitter erwischt mich kurz vor Krakau, aber nach rund 460 abwechslungsreichen Kilometern macht mir das auch nichts mehr aus.

Was für ein großartiges Abenteuer, das hoffentlich noch viele weitere unter ihre Reifen nehmen werden – und sich dabei vielleicht in paar Tage mehr Zeit nehmen. Ich werde sicher auch nicht zum letzten Mal hier gewesen sein. Schließlich sieht Rafting, Fliegenfischen und Wandern ebenfalls sehr einladend aus!

Die gesamte Strecke mit mehr Bildern und Beschreibungen findet ihr wie immer bei komoot.

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